9. März - 12. Mai 2007
VICTOR
POPOV & ALEXANDER
SCHMIDT
'Von Farbe verweht'
Malerei und Wanobjekte
Vernissage: Freitag, 9. März
2007 um 19 Uhr
Victor Popov 'O.T.', Acryl auf
Sperrholz, 28x65 cm, 2003
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Alexander Schmidt 'Horizont', Öl auf Leinwand,
100x120 cm, 2006
Im Rahmen der Ausstellung
Lesung mit der Heike Marx
neues Buch "Und Freitag
Vernissage
"
Sonntag, den 22. April um 11 Uhr
Eintritt 5 € / 3 €.
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Victor Popov & Alexander Schmidt
"Von Farbe verweht" (Malerei und Wandobjekte)
9. März - 12. Mai 2007
Die Frühlingsausstellung des Kunsthaus Oggersheim widmet
sich den beiden in Kasachstan geborenen Künstlern:
Victor Popov (Düsseldorf) und Alexander Schmidt (Mannheim).
Victor Popov, 1952 geboren in Kasachstan, absolvierte im
sibirischen Semipalatinsk, dem Zentrum der russischen Atomversuche,
seinen Wehrdienst, besuchte eine Malschule in Alma-Ata und
nahm schließlich ein Kunststudium an der Hochschule
für angewandte Kunst im westukrainischen Lemberg auf,
was er eigener Aussage zufolge nach seiner Jugend in der sibirischen
Steppe als "Ankunft Zentrum Europas" empfang. Das
akademische Schaffen jedoch war ihm bald zu eng und er begann
die Dinge darzustellen, wie sie sich ihm präsentieren.
Das allerdings entsprach allenfalls in Teilen der von seinen
Lehrern geforderten akademischen Manier, ausgerichtet an den
Prinzipien des sozialistischen Realismus. Seine Abkehr von
den das politische System verherrlichenden und die gesellschaftlichen
Strukturen idealisierenden Prinzipien brachten ihm nicht nur
die Mißgunst seiner Lehrer ein, sondern veranlassten
ihn schließlich - sei dies freiwillig geschehen oder
in Ermangelung entsprechender Möglichkeiten - seine Werke
nicht mehr zu zeigen, um nicht anzuecken oder mehr noch, um
nicht das Risikoempfindlicher Sanktionen einzugehen.
Diese aus dem Schicksal geborene Strategie teilte er mit
vielen inoffiziellen Künstlern, ließ ihn wie diese
zu einem Außenseiter werden, der keine Chance auf kunstkritische
Beachtung hatte, der sich nicht vermittels seiner Kunst mitteilen
geschweige denn von selbiger leben konnte: nicht ausstellen
zu können oder zu dürfen bedeutete in Unbekanntheit
zu versinken. "Alles bislang Gelernte war mir nur fremd
und ich sah mich mehr und mehr in der Situation, meinen eigenen
Stiel zu finden", sagt Popov nicht ohne anzufügen,
dass er sich sehr wohl stets darüber bewusst gewesen
sei, dass dies in der UdSSR der 70er Jahre (eben als er anfing,
seinen eigenen Stil auszuprägen) zu einem außerordentlich
heiklen Unterfangen geraten konnte.
Vor allem während seiner Zeit in St. Petersburg, wo
er sich ab 1971 zunächst sporadisch und seit 1984 bis
zu seiner Emigration nach Deutschland im Jahre 1991 dauerhaft
aufhielt, verfolgte er konsequent seine eigenen Ziele. Hier
entwickelte er einen höchst eigenwilligen Stil, der sowohl
phantastisch-realistische Komponenten als auch Elemente der
Karikatur enthielt - eine figurative künstlerische Ausdrucksweise,
die von bisweilen tiefschwarzem Humor gekennzeichnet ist.
Bis in die 90er Jahre hinein steht der Mensch im Mittelpunkt
seiner Arbeit; dies, wenn gleich eher hintergründig,
gilt auch für sein aktuelles Kunstschaffen.
In den späten 90er Jahren scheint sich ein - zumindest
vorläufiger - Bruch mit dem Figurativen zu vollziehen.
Es entstehen Kompositionen, vorzugsweise aus Holz. Popov wählt
Bildtitel, die entweder das unmittelbar zu Erkennende aufgreifen,
oder solche, die als abstrakte Begriffe den Betrachter auf
eine Fährte setzen, die Interpretation des Werkes jedoch
offen lassen. Das Kolorit dieser Kompositionen bleibt oft
verhalten, als reliefartige Collagen sind sie eine bemerkenswerte
Synthese von Malerei und Skulptur. In diesen rauhen Arbeiten
ist auch der Handwerker Popov wieder zu finden, der viele
Jahre lang Turn- und Spielgeräte ersonnen und gefertigt
hat, Auftragsarbeiten für Kinderspielplätze, die
seinen Lebensunterhalt sicherten: eine gängige Praxis
bei jenen Künstlern, die ihre künstlerische Bestimmung
nicht in der Erfüllung der Doktrin des sozialistischen
Realismus oder in davon abgeleiteten, gewissermaßen
kunstideologisch gemäßigten Formen sahen. Zu finden
ist hier, wie in anderen konstruktivistisch anmutenden Bildwerken,
ein Künstler, der die russische Avantgarde für sich
entdeckt, deren Formsprache reflektiert und in die Gegenwart
transferiert: Namen wie Ivan Puni, Vasilij Ermilov, Ivan Kliun
oder Nikolaj Suetin klingen an. Die Wendung Victor Popovs
vom humoristisch-ironischen Tenor hin zu einer vergleichsweise
ernsthaften Auseinandersetzung mit dem kulturhistorischen
Erbe seiner russischen Heimat scheint wie ein in der Fremde
notwendig gewordenes Bekenntnis, das an den Prozess der Identitätsbestimmung
eines Emigranten gekoppelt ist.
Von dem Künstler Victor Popov sind Plastiken und Wandobjekte
zu sehen, in denen er die Formensprache der russischen Avantgarde
für sich entdeckt, reflektiert und in die Gegenwart transferiert.
Alexander Schmidt wurde 1960 auch in Kasachstan, in Kischmischi
geboren. Nach der zweijährigen Ausbildung als Restaurateur
in St. Petersburg hat er das Studium an der "Gerzen"
-Kunsthochschule auch in St. Petersburg absolviert. Seit 1988
Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland. Lebt mit seiner
Familie in Mannheim.
Der Künstler Alexander Schmidt entwickelte eine Formensprache,
die den Charakter des Bildes als Bestandteil der modernen
Kunstwelt betont. Durch die flächigen, zeitlosen Formen
und die stark reduzierten Farben, passen sich diese Bilder
organisch in ein zeitgemäßes Wohnambiente ein.
Er verwendet bei seinen Oberflächenstrukturen plastische
Substanzen, die der Künstler mit Linien und Furchen bearbeitet,
so dass Schattenwirkungen entstehen. Wie bei einer erstarrten
Lavamasse formen sich diese Substanzen zu symbolhaften Landschaften.
Die Materialität der Bilder spricht für sich selbst,
darüber hinaus vermittelt seine Bilder aber auch eine
humanistische Botschaft, denn es fällt auf wie sehr der
Gegensatz zwischen der geometrischen Fläche und der vegetativen
Naturform betont ist.
Diese humanistische Botschaft kommt in seinen aktuellen Arbeiten,
den sanften, farblichzurückgenommenen Landschaften verstärkt
zum Ausdruck.
"Von Farbe verweht" diesem Titel der Ausstellung
werden beide Künstler gerecht, sowohl Popov mit den übermalten
Reliefs, Plastiken und Materialcollagen, wie auch die sanftzerfliesenden
Gemälde von Schmidt.
Quellen: "Victor Popov. Bewegung nach oben"
Staatliches Russisches Museum und Palace Editions Europe 2005;
Alexander Schmidt Katalog 2004, Muzej i galerija ljetnjikovca
Buca
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