13. September - 30. Oktober 2008
Ulrich Thul
'Urban der Stadtbewohner und andere Komplexitäten' (Arbeiten
auf Papier)
Vernissage am Freitag, den 12. September
um 19 Uhr im Kunsthaus Oggersheim
Einführung: Dr. Peter Etges
Musik: Steffen Herrmann (Gitarre und Gesang)
Ulrich
Thul Lebenslauf
Im Mittelpunkt von Ulrich Thuls Arbeiten steht der Mensch; doch,
obwohl meist einzeln dargestellt, selten losgelöst aus seiner
sozialen und politischen Umgebung.
Sein Thema ist auch der Mensch, beziehungsweise dessen Gegenteil,
der (Un)Mensch.
Ein auffälliges Merkmal seines künstlerischen Arbeitens
zeigt sich in den vielfältigen Themen, die Thul aufgreift.
Sie spiegeln die Impulsität des Künstlers wider. Hektisch
brodelt das Leben; festgehalten in Strichen und knallig bunten Farbflächen.
Die Themen kommen aus Kopf und Bauch; sie stellen den Wunsch nach
einer besseren und gerechteren Welt dar, im Besonderen für
die am Rande der Gesellschaft Lebenden.
Kein Zweifel, der Zeichner U. Thul hat Wut im Bauch, sonst wäre
sein Strich in den Blättern nicht so heftig und expressiv.
Und keine bloße Geste ist dies, sondern Empörung über
ganz bestimmte gesellschaftliche Zustände in der Gesellschaft,
die Leid und Ungerechtigkeiten in sich bergen.
Mit etwas flüchtigen, eiligen, dabei sorgsam bestimmten Pinselstrichen
sind diese allseitigen Gefahren festgehalten.
Die Bedrohten und die Gegenstände ihrer Bedrohung sind zwar
erkennbar, aber das Gegenständliche wirkt reduziert, verschoben,
in Auflösung begriffen. Man sieht eine Welt in Gefahr, die
wenig Zeit zu lassen scheint, sie noch schnell aufs Papier zu bannen.
Vieles ist mit fast schon mit zu leichter Hand formuliert - luftig,
beweglich, bedrohlich eigentlich erst auf den zweiten Blick.
Wer die Malerei Thuls eingehend unter die Lupe nimmt, entdeckt,
daß zu den kritischen Ansatzpunkten Zynismus und Satire hinzukommen
und auch der Teufel im Detail steckt.
Die Faszination der Bilder ergibt sich aus der Synthese der inhaltlichen
Darstellungen, verknüpft mit ausdrucksstarker Technik.
Im künstlerischen Arbeiten hat Ulrich Thul sich u.a. sein
persönliches Experimentierfeld geschaffen und ist somit zu
einem sensiblen Zeichner und akkuraten Gestalter geworden. Der Künstler
führt einen energischen, zupackenden und ausführenden
Strich, einmal spitz und scharf, daneben tonig und breit. Es scheint,
als wolle er dem Gegenständlichen davonlaufen, so impulsiver
entfernt er sich von ihm und kehrt es heftig umkreisend, dennoch
zu ihm zurück, als würde er von ihm festgehalten.
Wo solche aus dem Inneren kommende Spannung sich formal umsetzt,
wo also das Weg vom Gegenstand bei gleichzeitigem Kleben am Gegenstand
deutlich sichtbar wird, erzielt Ulrich Thul überzeugende Bildlösungen
, die durch expressive Steigerung ihrer Inhalte fesseln.
Sparsame Liniengeflechte stehen neben dem wirkungsvollen Gegensatz
von farbigen und weißen Flächen; strenge Bindung an geometrische
Ausdrucksformen neben surrealistischen Visionen.
Thul verarbeitet die Themen in seinen Zeichnungen mal mehr im Gegenständlichen,
mal mehr bewegen sie sich im Expressiv-abstrakten.
Was die Arbeiten von den Künstler auszeichnet ist zum einen
häufig der witzige Einfall und zum anderen die Heftigkeit der
entlarvenden Geste. Dabei hat Thul zwei Seiten innerhalb der von
ihm gewählten Technik: eine sogenannte karikaturistisch-kritische
und eine expressive.
Das Interesse an Strukturen u.a. in Form von Collageteilen tragen
wesentlich zur Aussage seiner ironischen Bilderfindungen bei. Die
visuellen Tagebücher zeigen aber auch deutlich ernste Positionen.
Der Materialmix reicht von Pappe und Papier über Leinen/Textilien
bis hin zu diversen Collagen. Der Wechsel vom Figürlichen zum
Abstrakten vollzog sich langsam. Auch die Materialien, die er benutzte,
änderten sich. Grob gestaltete Bildoberflächen erzielen
differenzierte Wirkungen.
Sparsame Liniengeflechte, flüchtige, eilige, dabei sorgsam
bestimmte Pinselstriche stehen in wirkungsvollem Gegensatz zu kraftvollen,
heftigen und expressiven Linien, farbigen Flächen und strukturellen
Materialoberflächen.
Orgien von Pinselschwüngen feiern sich da auf dem einst unschuldigen
Papier in knalligen Lackfarben, die in den irritierernsten Kontrasten
über- und nebeneinander geschichtet sind.
Bei seiner Exkursion durch die Farbtöpfe und Tuschegläser
ist Ulrich Thul ohne feste Stilrichtung (im weitesten Sinne dem
"Abstrakten Realismus" zuzuordnen). Teilweise könnten
die Arbeiten als tachistisch mit expressionistischem Einschlag bezeichnet
werden.
Auf dem weißen Territorium als Untergrund wird eine Orgie
von scharfen und energischen Pinselstrichen gesetzt; oftmals gegen
ruhige flächigere Formen.
In den vergangenen Jahren ist eine zunehmende Konzentration in
Ausdruck und Farbe und Reduktion der Mittel in Thuls Werk zu beobachten.
Dies wird besonders deutlich in seinen stark expressiven, sozialkritischen
Mischtechniken.
Ulrich Thul ist in seinen Bildern mehr dem heftigen Pulsschlag
der Lebens auf der Spur. So verschränkt sich in der ein oder
anderen Arbeit grelles Rot mit kräftigem Blau und wird von
nervösem Schwarz umspielt und zusammengehalten. Mit bunten,
fast schrillen Farben, fauvistisch langgestreckten Figuren oder
schwarzen Pinselstrichen setzt der Künstler Erfahrungen und
Impulse aus seiner Umgebung ins Werk. Linien und Flächen fügen
sich zu Figuren zusammen, nicht erzählend und genau, sondern
andeutend und Zeichen setzend.
Thuls Farbgebung insgesamt ist gezielt und ungezielt: gleichzeitig
auch aggressiv und reduziert sich auf das Wesentliche. Losgelöster
und beschwingter dagegen sind neuesten Schwarz/Weiß Arbeiten.
Sie sind spontan entstanden und vom schwarzer Acrylfarbe und Tusche.
Die aufgetragenen menschlichen Figuren legen den Schwerpunkt eindeutig
auf die spielerisch-assoziative Kraft von Künstler und Betrachter.
Thul spielt in den mit Tusche, Bleistift, Acryl- und Wachsfarben
gestalteten Bildern mit den Ängsten und dunkelsten Emotionen
des modernen Menschen. Selbst die in sehr warmen und hellen Farben
gehaltenen Bilder behalten immer ein dunkles Moment und eine tiefgreifende
Konfiguration.
Die Quellen der Inspirationen sind vielschichtig, was die rauschhafte
Produktivität von Ulrich Thuls Schaffen ausmacht. Seine Handschrift
ist unverkennbar - eine sehr expressive und spontane Malerei. Thul
selbst fühlt sich als Komponist, wenn er künstlerisch
tätig wird. Vorlagen sind häufig aus seinen Skizzenbüchern
entnommen, die er oft mit sich führt. Damit zeichnet sich seine
Arbeiten auch durch die spontane und individuelle Umsetzung erlebter
Eindrücke aus.
Im Laufe der Jahre hat die künstlerische Entwicklung ihren
Fortgang genommen. Experimente mit diversen Farben und Materialien
sind dazugekommen, die Behandlung von Form und Farbe ist noch souveräner
geworden und steht gleichberechtigt neben den inhaltlichen Aspekten
der Bildfindung.
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Ulrich Thul, "Kleine grüne Männer",
Material-Collage, 2007, 30x30cm

Ulrich Thul, "Männer mit Brustteppichen", Material-Collage,
2007, 30x30cm
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